Muttermilch für Frühgeborene | Pretermmilch
Muttermilch für Frühgeborene
Vor kurzem haben wir über die Wichtigkeit von Muttermilch für Dein Frühchen geschrieben und wie zu frühgeborene Kinder davon profitieren. Link zum Artikel
Heute möchten wir Dir Möglichkeiten aufzeigen und Anregungen geben, wie Dein Frühchen Muttermilch erhalten kann. Die Wege sind vielfältig und je nach Situation ist es sinnvoll diese immer wieder anzupassen, je nach Entwicklung Deines Babys.
Zur Erinnerung: bereits in der Schwangerschaft bildest Du Vormilch. Zeichnet sich die Frühgeburt bereits in der Schwangerschaft ab, z.B. weil Du bereits längere Zeit im Krankenhaus liegst, der Gebärmutterhals verkürzt ist, Du vorzeitig einen Blasensprung hattest oder ein Kaiserschnitt angedacht ist, dann wäre eine wunderbare Möglichkeit die Pretermmilch bereits vorab durch präpartale Kolostrumgewinnung zu gewinnen. So steht Deinem Baby bereits kurz nach der Geburt das wertvolle Kolostrum zur Verfügung. Wie dies gelingen kann, haben wir hier im Blog beschrieben.
Doch leider ist eine Frühgeburt oftmals nicht absehbar, kommt unerwartet, so dass nur wenige Mütter in der Lage sind präpartal Kolostrum zu gewinnen. Wird Dein Baby zu früh geboren, ist dies für Euch Beide eine absolute Ausnahmesituation, die jede Mutter individuell anders verarbeitet oder annehmen kann. Bei manchen ist eine tiefe Traurigkeit vorherrschend, manche machen sich Vorwürfe, dass sie nicht körperlich in der Lage dazu waren, Ihr Baby länger auszutragen, einige befinden sich in einer Art Schockstarre, andere nehmen die Situation für sich an. Wie auch immer sich dies für Dich ganz individuell anfühlt, es ist wichtig, dass Du darüber redest, Deine Ängste und Sorgen teilen kannst, Zuspruch erhälst, Du aufgefangen wirst, in dieser besonderen Situation. Traue Dich ruhig, das Personal anzusprechen ob Dir eine psychologische Hilfe zur Verfügung gestellt werden kann oder suche Dir Deine vertrauten Personen wie Mutter, Partner, Freundin der Du dies erzählen kannst. In dieser besonderen Situation ist besonders die Nähe zu Deinem Baby für Dich und das Baby selbst wichtig. Wir haben im letzten Artikel bereits beschrieben, was das Kängurun bei Deinem Kind bewirkt. Doch auch für Deinen Körper ist die Nähe zu Deinem Baby sehr wichtig. Denn durch das Kuscheln wird Oxytozin ausgeschüttet, das Liebeshormon, was Deine Milchbildung in Gang bringt. Daher frage das betreuende Personal ob und wann Kuscheleinheiten mit Deinem Baby möglich sind und nutze diese so oft als möglich. Im Krankenhaus wird Dir kurz nach der Geburt, und sobald Du dazu in der Lage bist, empfohlen, dass Du das Kolostrum mit der Hand gewinnst, wobei einige Tropfen in einer Spritze, auf einen Löffel aufgefangen werden. Anschließend kann durch Einsatz einer elektrischen Milchpumpe, die Milchbildung weiter angeregt werden.
Muttermilch abpumpen
In den Krankenhäusern wird den Müttern häufig eine elektrische Intervall-Milchpumpe von Medela, die Medela Symphony Milchpumpe zur Verfügung gestellt. Wir von der Milchwiese liefern Dir die hochwertigen Milchpumpen, auch auf Rezept, bequem deutschlandweit direkt nach Hause!
Die Milchpumpen bestehen aus einem Pumpengehäuse mit angeschlossenen Schläuchen, einem Auffangbehältnis, meist einer Flasche und einem Brusthaubenaufsatz. Bevor Du diese nutzt, ist es wichtig für Dich zu erfragen und zu testen, ob die zur Verfügung gestellten Brusthaubenaufsätze für Deine Brustgröße geeignet sind. Diese gibt es in verschiedenen Größen, S bis XXL, wobei gängigerweise M im Set enthalten ist. Für den Pumpvorgang ist es wichtig, dass der gut Aufsatz passt, nicht zu eng oder zu weit ist. Auch wenn das Abpumpen, wie auch das Stillen, zu Beginn ein ungewohntes Gefühl ist und eine ungewohnte Beanspruchung, darf das Abpumpen von Muttermilch nicht schmerzen. Damit die Muttermilch effektiv abgepumpt werden kann bzw. die Milchbildung effektiv angeregt wird, ist es wichtig, dass der Brusthaubenaufsatz genau passend zu Deiner Brust ist. Zu kleine Aufsätze strapazieren Deine Brustwarze durch die Reibung zu stark, zu große Aufsätze den Brustwarzenhof und können zu einem Milchstau führen, da man sich die Milchgänge im zu großen Tunnel der Brusthaube abdrückt. Dieses Video zeigt Dir wie der Pumpvorgang bei Deiner Brustwarze optimal aussehen sollte und wann es sinnvoll ist, zu einer anderen Größe zu wechseln.
Hast Du Deine perfekt passende Brusthaube gefunden, dann kann Dein erster Pumpversuch beginnen. Dafür ist es günstig, wenn Du Deine Brust darauf vorbereitest z.B. in dem Du sie sanft massierst und anschließend eine mit warmen Wasser angefeuchtete Mullwindel auf die Brust auflegst, so dass das Gewebe gelockert wird. Eine entspannte Sitzposition, vielleicht angenehme Musik auf dem Ohr helfen Dir zu entspannen. Optimal wäre es wenn Du direkt neben Deinem Baby pumpen kannst. Ist dies nicht möglich, kannst Du ein Bild von Deinem Baby anschauen oder an es denken, denn dadurch schüttest Du Oxytozin aus was die Milchbildung anregt. Um die Milchbildung in Gang zu bringen, ist es hilfreich, wenn Du zu Beginn beide Brüste parallel abpumpst. Damit steigt der Prolaktinspiegel schnell an und die Milchbildung wird gefördert. Dabei solltest Du darauf achten, dass das eingestellte Vakuum nicht zu stark, also schmerzhaft ist. Mit einiger Übung und Erfahrung findest Du heraus, welche Stärke für Dich am besten geeignet ist. Zu Beginn wirst Du wahrscheinlich keine oder nur sehr wenige Tropfen abpumpen können. Dies ist vollkommen normal und sollte Dir keine Sorgen bereiten. Wichtiger ist, dass Du häufig bis zu 10-12 x in 24 Stunden abpumpst oder eine Kolostrummassage machst. Dabei ist es nicht wichtig auf die Minute oder Stunde genau alle 2 Stunden abzupumpen, Du kannst in der Nacht auch einmal einen längeren Zeitraum, z.B. 4 Stunden, eine wichtige und erholsame Schlafpause machen. Wichtig ist die Pumphäufigkeit. Was zudem nicht hilfreich ist es, wenn Deine Pumpsitzung lange dauert, sondern günstiger ist es, wenn Du öfter und kürzer pumpst. Denn je öfter Du pumpst, desto mehr wird Deinem Körper eine Nachfrage simuliert und das Angebot entsprechend reguliert. Konntest Du Muttermilch gewinnen, dann kannst Du diese im Kühlschrank des Krankenhauses zwischenlagern. Hierfür beschriftest Du das Auffangbehältnis mit Deinem Namen und dem Datum, so dass das Personal es Deinem Kind zuordnen kann. Nun kann diese mit verschiedenen Methoden Deinem Frühchen gegeben werden in Abhängigkeit von seinem Entwicklungszustand.
Ernähren mit einer Magensonde
Je nachdem wann Dein Baby geboren wurde und wie sein Zustand ist, kann es sein, dass Dein Baby mittels einer Magensonde Deine Muttermilch erhält. Hier wird durch das Personal mittels einer Spritze, die abgepumpte Muttermilch in die Magensonde gegeben und dadurch die Nahrung direkt in den Magen gegeben. Ist Dein Baby schon etwas stabiler und nicht auf die Ernährung mittels einer Magensonde angewiesen, gibt es verschiedene Möglichkeiten Deinem Baby Muttermilch zu geben.
Sondieren an der Brust
Frühchen sind oftmals noch sehr saugschwach, haben wenig bzw. nur kurz andauernde Kraft, Muttermilch direkt aus der Brust zu trinken. Da der direkte Kontakt zwischen Dir als Mama und Deinem Baby besonders wichtig und dem Stillen förderlich ist, kann durch die sogenannte Sondierung an der Brust, Dein Baby Muttermilch erhalten. Es gibt fertige Brusternährungssets, in dem 3 verschieden dünne Schläuche enthalten sind, oder man nimmt eine Ernährungssonde und eine Spritze. Beides findest Du bei uns im Shop! Dabei wird das eine Ende einer Sonde/ eines dünnen Schlauches, an Deiner Brustwarze befestigt, an das andere Ende eine Spritze mit Muttermilch aufgesteckt. Dein Baby liegt an der Brust und kann an der Brustwarze und der Sonde saugen. Bei jedem Saugversuch betätigst Du als Mama, zu Beginn unterstützt durch das Personal, die Spritze und Dein Baby erhält einige Tropfen Muttermilch. Dabei braucht Dein Baby nur wenig Kraftaufwand und hat ein schnelles Erfolgserlebnis. Diese Variante hat mehrere Vorteile: Zum Einen trinkt Dein Baby an der Brust, was sowohl Deine Milchbildung anregt, als auch für Dein Baby der natürlichste Weg ist. Zum anderen könnt Ihr so schrittweise und mit der Zeit Dein Baby immer mehr an die Brust bringen und es lernt an dieser zu trinken.
Hat Dein Baby Schwierigkeiten die Brustwarze zu greifen, dann kann, unterstützt durch ein auf die Brustwarze aufgesetztes Stillhütchen, die Sonde unter das Stillhütchen geklemmt werden. Stillhütchen sind ein Stillhilfsmittel, welche Deine Brustwarze vergrößern, so dass Dein Baby diese besser erfassen können. Wenn möglich sollten diese nur kurzzeitig und als Überbrückung verwendet werden, bis Dein Baby kräftig genug ist, Deine Brustwarze zu erfassen und das notwendige Vakuum aufzubauen.
Fingerfeeding
Eine weitere Variante, die in einigen Krankenhäusern eingesetzt wird, ist das Fingerfeeding. Hier kann die abgepumpte Muttermilch mittels einer speziellen Spritze oder über eine Sonde und einem Finger Deiner Hand Deinem Baby verfüttert werden. Beim Fingerfeeding nuckelt und saugt Dein Baby also an Deinem Finger und erhält parallel Muttermilch, die Du gut dosieren kannst. Dies ist eine Möglichkeit, die gerade zu Beginn, wo Dein Baby nur wenige Mengen Nahrung aufnehmen kann praktisch sein kann. Je größer die Trinkmengen werden, desto schwieriger gestaltet sich die praktische Umsetzung. Wir haben Fingerfeeder für Dich bei uns im Shop!
Benötigt Dein Baby mehr Nahrung, dann sollten die ersten Stillversuche an der Brust probiert werden. Ca. ab der 28-30 Schwangerschaftswoche und bei stabilem Zustand Deines Babys kannst Du dies in Absprache mit dem Personal versuchen. Ab etwa diesem Zeitpunkt ist der Suchreflex Deines Babys vorhanden. Unterstützt werden kann dies zu Beginn über die oben beschriebene Sondierung an der Brust oder die weiterführende Variante eines Brusternährungssets.
Hier ist anstatt einer Spritze ein größeres Milchbehältnis vorhanden, in das Muttermilch gefüllt ist. Durch die Schwerkraft wird diese Deinem Baby verfügbar gemacht. Dies zu verwenden, benötigt ein paar Versuche und etwas Übung, ist dann jedoch eine praktische Variante für Dich und Dein Baby auf dem Weg hin zum Vollstillen.
Ernährung mit der Flasche
Die Abläufe und der Personalschlüssel in Krankenhäusern machen es oftmals notwendig, dass Muttermilch durch das Personal mittels einer Flasche gegeben werden muss. Bei einigen Babys kann dies zu einer Saugverwirrung führen. Der Trinkvorgang an Flasche und Brust unterscheidet sich für Dein Baby. Während es an der Brust ein Vakuum aufbauen muss und durch Zungen- und Kieferbewegung die Milch förmlich heraus melkt, muss es bei einer Flasche durch ein Abdrücken des Nuckels die Milchmenge lediglich regulieren. Diese verschiedenartigen Trinkvorgänge können ein Baby verwirren, so dass es nicht mehr weiß, wann es welche Methode anwenden muss, um Milch zu erhalten. Möchtest Du Dein Baby so schnell als möglich vollstillen, dann ist es günstig wenn es so viel als möglich an der Brust und so wenig als möglich mit der Flasche gefüttert wird. Du solltest vermeiden Dein Baby mit der Flasche zu füttern und dies dem Personal in Deiner Abwesenheit überlassen. Es gibt jedoch auch Babys, die mit dem Wechsel keine Probleme haben.
Schnuller und Co,
Wie beschrieben ist Dein Frühchen zu Beginn wahrscheinlich sehr saugschwach und seine Saug-/Schluckkoordination ist noch nicht ausgereift. Das Saugen ist jedoch für Dein Baby sowohl beruhigend, eine Übung für den späteren Trinkvorgang, als auch notwendig für die Ausschüttung von Enzymen, die es für seine Verdauung benötigt. Daher kann es in dieser Phase günstig sein, wenn Dein Baby in Deiner Abwesenheit an einem speziellen Schnuller nuckeln kann. Bist Du bei Deinem Baby hilft das Nuckeln, am Finger oder kurzzeitig an der Brust, seinen Saugreflex zu trainieren.
Erste Stillversuche
Ihr habt die erste Zeit gemeinsam überstanden und fühlt Euch nun stark genug für den ersten Stillversuch ohne Hilfsmittel. Um diesen einzigartigen Moment gut zu gestalten, ist es für Euch hilfreich, wenn Ihr Euch eine gemütliche Sitzgelegenheit in ruhiger Umgebung sucht. Günstig ist, wenn Dir das Personal hilfreich zur Seite stehen kann, um Dir bei den ersten Handgriffen und dem Platzieren des Babys helfen zu können. Dein Baby sollte wach und aktiv, neugierig aber nicht gesättigt oder sehr hungrig sein. Zu Beginn werden oftmals zwei Stillpositionen bevorzugt empfohlen: zum Einen die Rückenhaltung, zum Anderen in der Wiegehaltung, jeweils mit stabiler Unterlage. Probiere einfach aus, was für Euch passt und angenehm ist. Die wichtigste Voraussetzung für Dich ist nichts zu erzwingen, sondern erst einmal einen Moment entspannt zu kuscheln und zu beobachten wie sich Dein Baby verhält. Sucht es die Brust, bewegt es sich in die Richtung Deiner Brust, sucht es Augenkontakt mit Dir, tastet es mit seinen Händchen deine Brust ab und massiert diese, streckt es die Zunge raus und schleckt, macht es vorsichtige Saugversuche. Gib ihm etwas Zeit Dich zu entdecken.
Zeigt es kein Interesse, dann nimm dies als Kuschelgelegenheit war und probiere es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.
Beginnt es an die Brust zu gehen und daran zu saugen und zu trinken, herzlichen Glückwunsch! Dies ist euer erster Stillversuch ohne Hilfsmittel, worauf ihr sehr stolz sein könnt!
Bis hierhin war es ein gutes Stück Weg. Nun heißt es Dein Baby nicht zu überfordern, aber immer wenn es bereit ist anzulegen und weiterhin abzupumpen. Schritt für Schritt kannst Du dann immer öfter anlegen und weniger pumpen, bis Dein Baby saugstark genug ist, um nach Bedarf Muttermilch zu trinken und sich Deine Milchmenge auf den Bedarf eingestellt hat. Ihr Beide habt viel geleistet und könnt stolz auf Euren gemeinsamen Weg sein.
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